Update Einzelhandel – wie ist die Lage?
Konsumenten wünschen sich Kauferlebnisse, vor allem Läden in Innenstadtlagen müssen sich mehr und mehr zu „Destination Stores“ entwickeln. Auch wenn die Flächennachfrage generell sinkt, sind begehrte Lagen nach wie vor gesucht. Aber selbst Top-Objekte können sich der Transformation hin zu Mixed-Use nicht verschließen.
Lage des Einzelhandels in Deutschland
Trotz zahlreicher Nachrichten zu Insolvenzen im deutschen Einzelhandel (Görtz, Reno, Galeria, Gerry Weber) hat sich der Einzelhandel im Verlauf des Jahres 2022 robust gezeigt. Insbesondere der stationäre Einzelhandel hat trotz der bekannten Krisen – Corona, Ukraine-Krieg, Inflation, Zinsanstieg – seinen Umsatz gesteigert, während die Pure-Internet-Player Umsatz eingebüßt haben. Der Wunsch der Konsumenten nach einem haptischen Kauferlebnis ist also noch nicht am Ende. Vielmehr gilt die Multi-Optionalität beim Konsumenten: also keine Entscheidung zwischen Online- oder Offline-Einkauf – sondern eher beides, je nachdem, was die jeweilige Lage erfordert. Damit werden sich insbesondere die Läden in Innenstadtlagen mehr und mehr zu „Destination Stores“ entwickeln müssen, die von Kunden weniger zufällig beim Bummeln, sondern gezielt aufgesucht werden. Der Weg in Richtung Erlebnishandel und inszenierte Warenwelten scheint für den innerstädtischen Einzelhandel in den Top-Einkaufsmetropolen vorgezeichnet zu sein.
Markt für Handelsimmobilien
Diese Entwicklung bleibt nicht ohne Folgen für Handelsimmobilien. Die Nachfrage nach Einzelhandelsflächen nimmt zwangsläufig ab, aber Flächen in begehrten Lagen und Objekte mit attraktiven Nachbarschaften werden im Fokus der Expansionisten bleiben. Denn lebendige Orte, an denen wir zusammenkommen, uns treffen können und gemeinsam Zeit verbringen, werden insbesondere in digitalen Zeiten an Bedeutung gewinnen, in denen ein Gros unserer Freizeit auf Social-Media-Plattformen verbracht wird. Diese Orte („Third Places“) zu kreieren und dort präsent zu sein, bleibt für den stationären Einzelhandel die Herausforderung bei der Standortentscheidung. So werden Highstreet-Objekte und auch Shoppingcenter mit regionaler Ausstrahlung oder lokalem Bezug (Stadtteilzentrum) wichtige Handelsobjekte bleiben.
Chancen durch Transformation
Trotzdem müssen sich auch diese Handelsimmobilien der sich abzeichnenden verringerten Flächennachfrage stellen. Konzentration von Flächen auf die (Hoch-)Frequenzebene, Integration von Dienstleistungsangeboten, konsumfreien Zonen zum Treffen und Klönen, Freizeit- und Kulturangebote, Gastronomie und Café etc. sowie Wohnen in seinen vielfältigsten Erscheinungsformen in den Obergeschossen markieren den Trend zur Transformation der zuvor monothematischen Handelsimmobilien in Richtung Mixed-Use-Immobilie.
Ein großes Thema aktuell sind die Schließungen der Galeria-Warenhäuser: Wurden die Ende der 2000er-Jahre aufgegebenen Warenhäuser erneut durch verschiedene Filialkonzepte als Handelsobjekt weiterhin genutzt, verlangt die jetzt anstehende Transformation eine Hinwendung zu einem Mix verschiedenster Nutzungsbausteine. Handel allein wird diese Umnutzung nicht mehr stemmen können, aber ein wesentlicher Baustein sein zur Schaffung einer vitalen Erdgeschosszone und damit attraktiven Straßenlage.
Ansprechpartner: Dr. Joseph Frechen, Bereichsleiter Einzelhandel und Niederlassungsleiter Hamburg bei bulwiengesa, frechen@bulwiengesa.de
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