Wie teuer wird die Klimaneutralität im Berliner Wohnungsbestand?
Auflagen und Gesetze für die energetische Sanierung von Gebäuden üben immer stärkeren Druck auf Wohnungseigentümer aus. Welche Gebäude das betrifft und wie teuer es wird, haben wir im Auftrag der Berliner Volksbank für den Berliner Wohngebäudebestand untersucht.
Klar ist: Die Transformation wird teuer und muss je nach Beschaffenheit und Alter des Gebäudes individuell entschieden werden. Und auch wenn die kürzlich aktualisierte EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) keine Sanierungspflicht für Wohngebäude mehr vorsieht, steht weiterhin die Reduktion des Primärenergieverbrauchs im Vordergrund.
Für die zweiteilige Studie „Berliner Wohnungsbestand: Wie teuer ist der Weg zur Nachhaltigkeit?“ haben wir eine Bestandsaufnahme vorgenommen und Sanierungs- und Investitionsbedarfe ermittelt. Darüber wurden für zwei Beispiel-Mehrfamilienhäuser die Kosten und Einsparpotenziale für energetische Modernisierungsmaßnahmen berechnet. Die Studie schließt mit Empfehlungen an die unterschiedlichen Akteure.
Berlins Ziele und spezifische Herausforderungen
Berlin hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen um 70 % und zehn Jahre später um weitere 20 % zu reduzieren; bereits 2045 soll Klimaneutralität erreicht werden. Dies erfordert umfassende Maßnahmen insbesondere im Bereich der Wärmeversorgung von Gebäuden. Da die Hälfte der CO2-Emissionen in Berlin auf das Heizen, Klimatisieren und die Warmwasserversorgung entfallen, sollen Sanierungsmaßnahmen für Wohn- und Gewerbegebäude intensiviert werden. Die Stadt steht aufgrund ihres älteren Gebäudebestands vor spezifischen Herausforderungen, da ein Großteil der Gebäude aus der Gründerzeit sowie den Nachkriegsjahren 1949 bis 1978 stammt.
Die vorherrschende Heizmethode in Berlin ist Fernwärme, gefolgt von Gasheizungen. Erneuerbare Energien spielen bisher nur eine marginale Rolle. Der Endenergieverbrauch variiert je nach Baualtersklasse. Besonders die Baualtersklassen bis 1918 und 1919 bis 1948 weisen hohe Energieverbräuche auf. Nach unseren Berechnungen müssen rund 27 % aller Berliner Wohnungen in den nächsten zehn Jahren energetisch saniert werden, um die geplanten Grenzwerte für den Endenergieverbrauch zu erfüllen. Bezogen auf Eigentumsformen bestehen die größten Handlungserfordernisse bei Eigentümerhaushalten in Ein- und Zweifamilienhäusern mit den Baualtersklassen bis 1918 und 1919 bis 1948 sowie Mieterhaushalten in kleineren Mehrfamilienhäusern bis 20 WE mit den Baualtersklassen bis 1918 und 1919 bis 1948.
Angesichts der Vielzahl an zu sanierenden Gebäuden rückt die Frage nach der Finanzierbarkeit und den geeigneten Maßnahmen verstärkt in den Mittelpunkt.
Prioritäten und Herausforderungen in der Sanierung
Der Wohngebäudebestand in Berlin wurde in der Studie entsprechend den Endenergieverbräuchen der Baualtersklassen nach Prioritäten für die Modernisierung eingeteilt, wobei ältere Gebäude bis 1918 und 1919 bis 1948 die höchste Priorität haben. Eine Fokussierung aller Bemühungen auf den Geschosswohnungsbau ist empfehlenswert, da rund 90 % aller Wohnungen Berlins in Mehrfamilienhäusern liegen. Größtenteils existiert auch nur ein Eigentümer, sodass Entscheidungsprozesse leicht sind. Agiert wird in der Regel nach wirtschaftlichen Kriterien, sodass Förderdarlehen, Zuschüsse, Sonderabschreibungen und Mieterhöhungsmöglichkeiten eine Lenkungswirkung haben. Schwierig ist der Meinungsbildungsprozess in Wohneigentümergemeinschaften. Eigennutzer haben in der Regel andere Interessen als Kapitalanleger, sodass die Sanierungsquote in diesen Beständen niedriger sein wird.
In der Berechnung der Investitionskosten zur energetischen Sanierung des Berliner Wohnungsbestandes wird den ab 2001 errichteten Gebäuden grundsätzlich ein hoher energetischer Standard unterstellt. Diese Einheiten sind daher nicht Teil der Berechnungen. Die Umrüstung von Gas- und Ölheizungen ist bei Neubauten trotz allem unerlässlich.
Der Investitionsbedarf bis 2045 für die Sanierung des Berliner Wohnungsbestandes wird auf etwa 41 Milliarden Euro geschätzt mit durchschnittlichen Kosten von 363 Euro/qm Wohnfläche. Die höchsten Kosten werden für Gebäude bis 1918 erwartet: In dieser Baualtersklasse ist der errechnete maximale Sanierungskostenansatz von ca. 519 Euro/qm Wohnfläche mehrheitlich notwendig. Die niedrigsten Kosten werden für Häuser aus den Jahren 1990 bis 2000 prognostiziert. Für Gebäude mit Fernwärmeanschluss ist der Modernisierungsaufwand im Allgemeinen geringer.
Lösungsansätze und Empfehlungen
Die Studie identifiziert klare Handlungsfelder, um die Sanierungsziele zu erreichen. Ein kooperatives Handeln verschiedener Akteure, darunter politische Entscheidungsträger, Planer, Förderbanken, Mieterinteressenverbände und der Industrie, ist entscheidend. Empfehlungen schließen eine Konzentration finanzieller Unterstützung auf Bestandsobjekte, höhere steuerliche Anreize für Sanierungen, verbesserte Aufklärung über Modernisierungsmaßnahmen und eine Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren ein. Fördermittel, insbesondere in Form von Zuschüssen und Beratungsdiensten, sind erforderlich, um die Sanierungsquote deutlich zu erhöhen. Die erfolgreiche Umsetzung energetischer Modernisierungsmaßnahmen erfordert einen gemeinsamen, koordinierten Einsatz aller Beteiligten. Nur so kann Berlin seine ehrgeizigen Klimaneutralitätsziele im Gebäudesektor bis 2045 erreichen.
Hinweis: Die gesamte Studie können Sie auf der Webseite der Berliner Volksbank herunterladen.
Ansprechpartner: Margo Lange, Consultant im Bereich Wohnen und Projektmanagerin Nachhaltigkeit bei bulwiengesa, lange@bulwiengesa.de und André Adami, Bereichsleiter Wohnen, adami@bulwiengesa.de
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