Nachhaltigkeit begünstigt Transformation – eigentlich
Nicht jede Bestandsimmobilie "funktioniert" mehr. Was tun? Abreißen und neu bauen oder transformieren und wiederverwenden? Wir haben rund 200 erfahrene Akteure gefragt und gemeinsam mit Union Investment nun die zweite Marktanalyse zu Transformationsimmobilien veröffentlicht.
Der richtige Umgang sowie die Weiterentwicklung des Bestandes ist sicher eines der Trend- und Zukunftsthemen unserer Branche. Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Studie sollen helfen, die Planung und Umsetzung von Transformationsprojekten zu verbessern. Denn Transformationsimmobilien können ein gewinnbringender Lösungsansatz sein sowohl für die Erreichung der Klimaziele als auch aus Investmentperspektive sowie zur Steigerung der Aufenthaltsqualität der Städte.
Das wichtigste Ziel einer Transformation ist, so die Befragten, ein zukunftsfähiges Nutzungskonzept umzusetzen. Es folgen die Punkte Ertragssicherheit und Werterhöhung der Immobilie – der wirtschaftliche Aspekt einer Transformation ist absolut zentral. Nahezu alle halten hierfür Mixed-Use-Konzepte für hilfreich, um den Cashflow über den Lebenszyklus zu gewährleisten. Bevorzugte Nutzungen nach einer Transformation sind übrigens freifinanzierte Wohnungen und Einzelhandel des periodischen Bedarfs.
Nachhaltigkeits- versus Kostenaspekte
Transformationsimmobilien stehen aktuell im Spannungsfeld von steigenden Zinsen und hohen Baukosten, Nachhaltigkeitsanforderungen durch die EU-Taxonomie sowie hoher Inflation und hohen Energiepreisen. Am Investmentmarkt deuten geringe Transaktionsvolumina darauf hin, dass die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern oftmals nicht zusammenkommen und die Findungsphase noch anhält. Auch die Baukonjunktur ist im Herbst 2022 abrupt gestoppt worden. Daher erstaunt es wenig, dass nach Einschätzung der Befragungsteilnehmer (77 %) insbesondere die knappe Rohstoffverfügbarkeit ein starker Treiber ist, der die Transformation von Immobilien anstelle von Neubau bzw. Abriss und Neubau begünstigt. Auch nationale und EU-Nachhaltigkeits-Anforderungen sind deutliche Effekte, die nach Ansicht der Befragten die Transformation von Immobilien anstelle von Neubau bzw. Abriss und Neubau begünstigen. Ebenfalls eine Mehrheit (59 %) glaubt, dass bei der Umsetzung von Transformationsimmobilien weniger Probleme durch steigende Bau- und Energiekosten und gestörte Lieferketten entstehen als bei Neubauvorhaben.
Grundsätzlich ist die Kostensensibilität groß, was bei den deutlich erschwerten Rahmenbedingungen nachvollziehbar ist. Insgesamt ist die Bereitschaft bei den meisten Befragten zwar vorhanden, Kostenunsicherheit zu akzeptieren, allerdings nur in recht geringem Umfang. Mehr als die Hälfte der Befragten wäre wohl nicht bereit, die für eine Transformation einer Immobilie notwendige Kostenunsicherheit von rund zwanzig Prozent mitzutragen. Damit wäre zumindest in der aktuellen Marktsituation nur ein relativ kleiner Anteil der Befragten offen dafür, entsprechende Projekte angehen.
Transformation bedeutet auch Kreislaufwirtschaft
Die Immobilienbranche gilt als einer der Hauptverursacher von CO2. Um Einsparungspotenziale auch tatsächlich zu erreichen, wird die Art des Umgangs mit Bestandsimmobilien entscheidend sein, die Nachhaltigkeitsanforderungen, aber auch aktuellen Nutzeransprüchen und wirtschaftlichen Anforderungen nicht mehr genügen. Transformationsprozesse sollten also nicht nur ertragsseitig gut begründbar sein, sondern auch eine bestmögliche Erreichung von Klimaziel-Kriterien anstreben.
Für institutionelle Immobilieninvestoren relevant sind ESG-Kriterien. Investoren und ihre Anleger legen verstärkt den Fokus auf die Nachhaltigkeit ihrer Investments. Dabei ist nicht nur „grün“ wichtig, sondern auch der Nutzen für Nutzer, z.B. durch eine Verbesserung des Umfeldes und ein kluges Quartierskonzept. Die beiden Erfolgsfaktoren, die speziell auf das E in ESG einzahlen, sind möglichst geringe CO2-Emissionen im Betrieb der Transformationsimmobilie sowie das Erreichen der nationalen CO2-Vorgaben – beides ist für 85 % der Befragten sehr wichtig.
Statt Abriss und Neubau ist mehr Transformation und Wiederverwendung gefragt. Der Übergang zu einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Klimaneutralität der Immobilienwirtschaft.
Wunsch an Politik: Umsetzbarkeit verbessern
Breit gefächert sind die Wünsche an politische Institutionen, um die Umsetzbarkeit von Transformationsimmobilien zu verbessern. Ganz oben auf dem Wunschzettel stehen eine erleichterte Nutzungserlaubnis und eine Befreiung von Auflagen sowie die Erlaubnis einer höheren Flächenausnutzung. 80 % der Befragten wünschen eine klare ämterübergreifende Projektorganisation bei den Kommunen sowie die Zusammenführung von schnellen Planungsprozessen und Bürgerbeteiligung. Allein schon, um eine rasche Baugenehmigung zu erhalten, wären viele Befragten bereit, zusätzliche Maßnahmen umzusetzen. Bemerkenswert: 60 % der Befragten würden für eine schnelle Baugenehmigung auch mietreduzierte Flächen für soziale und kulturelle Flächen anbieten, und immer noch fast jeder Zweite wäre bereit, einen höheren Anteil von sozial gefördertem Wohnraum bereitzustellen.
Hinweis: Die Studie können Sie kostenfrei auf der Website von Union Investment anfordern und herunterladen.
Ansprechpartner: Felix Embacher, Head of Research & Data Science bei bulwiengesa, embacher@bulwiengesa.de
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