Umbau statt Abriss
Transformationsimmobilien können ein zentraler Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität sein. Für unsere Studie haben wir Marktakteure interviewt und zeigen, dass die Transformation von Bestandsgebäuden ein Top-Thema der nächsten Dekaden sein wird. Abriss und Neubau sind bislang meist kostengünstiger als Transformation, aber problematisch im Sinne der Nachhaltigkeit. Das dürfte sich bald ändern.
Das Thema „Transformationsimmobilien“ hat durch große Umbrüche im Handel an Brisanz gewonnen. Shopping-Center, Warenhäuser und Geschäftshäuser sind durch die Digitalisierung einschließlich Onlinehandel und den damit einhergehenden veränderten Kundenpräferenzen in ihrer Nutzungsstruktur stark betroffen. Diesen Umstand sowie die steigenden ESG-Anforderungen haben bulwiengesa und Union Investment zum Anlass genommen, eine gemeinsame Studie zu diesem Thema zu erarbeiten. Eines der wichtigsten Ergebnisse vorweg: Es werden mehr Büro- und Industrieimmobilien zu neuen Nutzungsarten transformiert als Handelsimmobilien (siehe auch Chart des Monats Dezember 2021).
Dabei ist die Transformation von Immobilien durch Umbau keine neue Erscheinung. Europäische Städte haben sich in der Vergangenheit immer wieder neu erfunden und mit jeder Epoche haben Gebäude eine veränderte Bedeutung erhalten. In den großen transformatorischen Veränderungen, die wir aktuell und in absehbarer Zukunft erleben, liegen große Chancen.
Die Corona-Krise hat die bisherigen Entwicklungen stark beschleunigt und auch die Rolle von Innenstädten auf den Prüfstand gestellt. Immobilienwirtschaft und Kommunen sehen sich gleichermaßen mit dieser Herausforderung konfrontiert. Sie müssen gemeinsam Strategien entwickeln, um den Status quo der Innenstädte zu erhalten, die Attraktivität zu verbessern sowie Strukturen und Nutzungskonzepte etablieren, die auch künftig flexibel auf Veränderungen des Marktes reagieren können. Die sinnvolle Transformation von Immobilien kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten.
Abriss und Neubau günstiger, aber weniger nachhaltig
Ein weiteres Ergebnis: Der Transformationsprozess ist gegenüber Abriss und Neubau bislang meist nicht kostengünstiger – gleichwohl liegen die Vorteile aus Sicht der Nachhaltigkeit schon jetzt klar auf dem Tisch. Denn der gesellschaftliche Megatrend der Neo-Ökologie wird nicht zuletzt unter der Überschrift „ESG“ Eingang in fiskalische Steuerungsinstrumente finden. Dadurch wird die Ökobilanz von Gebäuden stärker in der Kostenbilanz berücksichtigt.
Durch neue gesetzliche Regelungen steigt die wirtschaftliche Attraktivität der Transformation von Immobilien gegenüber Abriss und Neubau zunehmend. Allerdings ist diese Option für viele Projektentwickler nicht unbedingt geeignet. Es wird deutlich, dass jede Transformation eine individuelle Abwägung sowie ein hohes Maß an Erfahrung und fachlicher Kompetenz erfordert.
Auch jenseits der baulichen und finanziellen Aspekte zeigt sich, dass die Transformation ein komplexer Vorgang ist, bei dem die vordergründige Umnutzung mit ihren technischen Herausforderungen bestenfalls durch eine Einbeziehung des städtischen Umfeldes und der Stakeholder ergänzt wird. Die Chancen für eine erfolgreiche Projektentwicklung sind dann am besten, wenn alle drei Dimensionen im Prozess berücksichtigt werden.
Transformationsimmobilien werden in der Projektentwicklung an Bedeutung gewinnen, da diese Vorteile wie Wiedernutzung der bestehenden Bausubstanz, Nutzungsvielfalt und neue Urbanität verkörpern.
Transformationsimmobilien werden häufig als Mixed Use genutzt
Die Studie zeigt anhand einer Analyse der RIWIS-Datenbank von bulwiengesa auf, dass – anders als die aktuelle Diskussion um die Zukunft des stationären Einzelhandels vielleicht vermuten ließe – Büros und Industrieimmobilien in Summe häufiger eine Transformation erfahren als Handelsimmobilien. Transformationen erfolgen zwar mehrheitlich (56 %) in den großen A-Städten, aber nicht nur: Wichtige Projektentwicklungen gibt es auch in B- und C-Städten.
Die häufigsten ehemaligen Nutzungen sind nicht mehr marktgerechte Büros, Logistik/Industrie und Einzelhandel/Gastronomie. Den größten Anteil an neuen Nutzungsarten (Single Use) haben Wohnungen, Büros und Hotels. Rund die Hälfte der analysierten Transformationsimmobilien werden jedoch als Mixed Use umgesetzt. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass Einzelhandel auch nach der Transformation einer der wichtigsten Bausteine der neuen Nutzungskonzepte bleibt: Rund 28 % der Nutzungen in Mixed-Use-Konzepten sind Einzelhandel/Gastronomie, die damit weiterhin eine hohe Relevanz haben. Allerdings eben nicht mehr als Single Use, sondern im Rahmen von Nutzungsmischung – ganz im Sinne von immobilienwirtschaftlicher Risikostreuung.
Hinweis: Die Studie (PDF) können Sie kostenfrei über die Website von Union Investment anfordern.
Ansprechpartner:
Ralf-Peter Koschny
Sprecher des Vorstands bei bulwiengesa
koschny@bulwiengesa.de und
Felix Schrader
Projektmanager
schrader@bulwiengesa.de
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