Grünheide: Tesla strebt ein Produktionsvolumen von etwa 280.000 Fahrzeugen 2023 und ca. 500.000 p.a. ab 2025 an.

Ein Riese geht in die Provinz


Wohnen
27.06.2022 Autor/en: André Adami

Als sich abzeichnete, dass Tesla seine Fabrik im Brandenburgischen Grünheide bauen würde, setzte die Goldgräberstimmung ein. Doch hat die Ansiedlung wirklich den erwarteten Immobilienboom ausgelöst? Wir haben die Preis- und Nachfrageentwicklung für Grundstücke sowie neugebaute Miet- und Eigentumswohnungen untersucht.

Die sogenannte Giga­fac­tory Ber­lin-Bran­den­burg des US-ame­ri­ka­ni­schen E-Auto­mo­bil­her­stel­lers Tesla ist die erste ihrer Art auf dem euro­pä­i­schen Fest­land. Das Pro­jekt gilt als eines der wich­tigs­ten Indust­rie­vor­ha­ben in Ost­deutsch­land seit mehr als 20 Jah­ren.

Die Fab­rik erstreckt sich über eine Gesamt­flä­che von rund 300 ha und liegt rund 35 km süd­östlich vom Zen­trum Ber­lins – die „Provinz“ ist also vielmehr beste Speckgürtel-Lage, wenngleich lange weniger beachtet. Die offi­zi­elle Ankün­di­gung des Baus erfolgte im Novem­ber 2019. Bereits Anfang 2020 begann der Bau der Fab­rik. Viele Teil­schritte des Baus wur­den bereits ohne end­gül­tige Bau­ge­neh­mi­gung auf eige­nes Rück­bau­ri­siko ange­gan­gen. Die gesamte Rea­li­sie­rung erfolgte in einer Rekord­zeit von rund zwei Jah­ren. Seit 22.03.2022 wer­den in Grün­heide Tesla-Autos „Made in Bran­den­burg“ aus­ge­lie­fert.

Preis­boom ohne Nach­fra­ge­ex­plo­sion

bul­wi­en­gesa nahm die Tesla-Ansied­lung zum Anlass, um die Preis- und Nach­fra­ge­ent­wick­lung für Grund­stü­cke sowie neu­ge­baute Miet- und Eigen­tums­woh­nun­gen zu unter­su­chen. Es wur­den Ange­bots­da­ten von Immo­bi­li­en­scout im Zeitraum von 2017 bis 2021 im Ber­li­ner und Brand­en­bur­ger Umfeld von Grün­heide ana­ly­siert.

Die Ent­wick­lung der Grund­stücks­preise pro Qua­drat­me­ter ist von einem außer­ge­wöhn­li­chen Anstieg um knapp 40 % im Jahr 2019 ver­gli­chen mit dem Vor­jahr geprägt. Mit ers­ten Gerüchte Ende 2018 setzte die Gold­grä­ber­stim­mung ein. Auch in den Fol­ge­jah­ren waren die Zuwä­chse über­durch­schnitt­lich, wobei neben der Auto­fab­rik auch der Sub-Urba­ni­sie­rungstrend im Zuge der Corona-Pan­de­mie eine Rolle spielte.

Das Preis­ni­veau von aktu­ell rund 400 Euro/qm des ansons­ten struk­tur­schwa­chen Osten Bran­den­burgs passte sich inner­halb von fünf Jah­ren an das Level der ande­ren Speck­gür­tel­be­rei­che an und hat sich mehr als ver­dop­pelt.

Die Kauf­preise für Eigen­tums­woh­nung in der Umge­bung der Fab­rik leg­ten durch­schnitt­lich um 10 % zu. Zahl­rei­che Was­ser­la­gen in der Umge­bung und das gesuchte Köpe­nick tru­gen dazu bei, dass die Preise aktu­ell bei durch­schnitt­lich rund 6.000 Euro/qm lie­gen. Für Top-Pro­dukte am Was­ser wer­den auch mehr als 10.000 Euro/qm ver­langt.

Die Mie­ten für Neu­bau­woh­nun­gen stie­gen im Schnitt nur um rund 5 % an. Der höchste Zuwachs fand erst 2021 statt, als die Eröff­nung des Fab­riks­tand­orts abseh­bar war. Mie­ten von im Mit­tel 14 Euro/qm las­sen den Markt auch für Glo­ba­lin­ves­to­ren inte­res­sant erschei­nen. So wur­den bei­spiel­weise auch Dop­pel- bzw. Rei­hen­häu­ser zur Miete in Erkner und Rüders­dorf ent­wi­ckelt, die an insti­tu­ti­o­nelle Inves­to­ren ver­kauft wur­den.

Nach­fra­ge­ein­bruch durch Ange­bots­an­stieg

Mit dem Anstieg der Anzahl der Ange­bote sank jedoch auch auf­grund des Preis­an­stiegs die Nach­frage gemes­sen an Hits per Day pro Ange­bot ab 2019. Des­wei­te­ren ist sicher auch die Struk­tur des Arbeits­platz­an­ge­bots in Grün­heide ent­schei­dend. Mit­ar­bei­ter im Mon­ta­ge­pro­zess mit eher gerin­ge­ren Ein­kom­men wer­den einen län­ge­ren Pen­del­weg von güns­ti­ge­ren Wohn­stand­or­ten in Kauf neh­men.

Hoch­qua­li­fi­zierte Beschäf­tigte wie bspw. Inge­nieure, Soft­ware-Ent­wick­ler oder das Mana­ge­ment arbei­ten immer mehr auf Remote-Basis im Home­of­fice und kön­nen wei­ter in ihrem Ber­li­ner Kiez woh­nen blei­ben. Sie müs­sen daher nicht unbe­dingt in Fab­riknähe zie­hen, son­dern pen­deln wenige Tage pro Woche nach Grün­heide.

Zusam­men­fas­send kann fest­ge­stellt wer­den, dass die Tesla-Ansied­lung teils spe­ku­la­tiv einen Preis­boom aus­ge­löst hat, der aber nicht durch eine höhere Nach­frage direkt vor Ort begrün­det ist. Ver­mehrt fin­den woh­nungs­wirt­schaft­li­che Pro­jekt­ent­wick­lun­gen im Umfeld der Auto­fab­rik statt, jedoch eher als Nach­hol­ef­fekt in einer zuvor wenig beach­te­ten Region des Ber­li­ner Speck­gür­tels.

 

Ansprechpartner: André Adami, Bereichsleiter Wohnen, adami@bulwiengesa.de

 

 

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