Im Umland wird’s heiß
Die Wohnwetterkarte, die wir erneut mit BPD erarbeitet haben, zeigt erstmals eine Trendwende an zahlreichen Standorten. So heizt sich das Umland der Kernstädte stärker auf als diese selbst; der Wohnungsdruck in den Umlandgemeinden steigt. In der interaktiven Karte können Sie die Temperatur Ihrer Gemeinde ablesen.
Mit der Wohnwetterkarte wird anhand eines Temperaturgefälles das Verhältnis von Angebot und Nachfrage für jede der rund 11.000 deutschen Städte und Gemeinden dargestellt und ein Ausblick auf die nächsten drei bis fünf Jahre gegeben. Als Indikator dient insbesondere der Bedarf an Wohnungen, der unter anderem mit dem aktuellen Bauvolumen abgeglichen wurde.
Am heißesten sind dabei nicht Kommunen, die nur eine hohe Wohnungsnachfrage haben, sondern es betrifft die Städte und Gemeinden, in denen eine sehr hohe Nachfrage auf eine zu geringe Bautätigkeit trifft. Dabei ist die Bautätigkeit durch die aktuelle Krisensituation mit dem Krieg in der Ukraine, Materialengpässen sowie der steigenden Zinsen und der hohen Inflation auch bei den Baukosten zusätzlich gebremst. Gleichzeitig sind bei aller sonstigen Unsicherheit die demografischen Rahmenbedingungen auf der Nachfrageseite stabil und energieeffizienter Neubau ein Schutz vor Energiepreisanstiegen.
Umland nimmt Druck von den Kernstädten – aber nur, wenn die Infrastruktur mitwächst
In den letzten Jahren wurde der Effekt festgestellt, dass die Ballungsräume weiterwachsen und stetig weiter nach außen ins Umland hineinreichen. In der Wohnwetterkarte des Jahres 2022 zeigt sich jetzt erstmals, dass die Kernstädte abkühlen, während sich die Hitze weiter auf das Umland verteilt – wachsende Regionen müssen handeln, sonst werden Menschen aus der Region verdrängt und das Verkehrsaufkommen steigt. Die Stadtentwicklungsplanung muss deshalb auf die langfristigen Veränderungen reagieren und das Umland von großen Kernstädten mitdenken. Eine Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur gehört ebenso dazu wie ein flächeneffizienter Städtebau mittlerer Dichte.
Die Gegensätze von warm und kalt haben sich beispielsweise in Teilen Baden-Württembergs verringert, sodass Städte wie Mannheim, Heidelberg und Karlsruhe verhältnismäßig kühler geworden sind. In Hessen ist dieser Effekt im Bereich von Wiesbaden und Darmstadt festzustellen, in Nordrhein-Westfalen im Raum Köln und Düsseldorf. Eine Gemeinsamkeit dieser Großstädte ist, dass sie entweder ausreichend bauen oder über ein Umland aus leistungsstarken kleineren Städten verfügen. Diese können die Nachfrage aufnehmen und haben sich deshalb auf der Wohnwetterkarte aufgeheizt.
Beispiele für die Ausweitung des Umlands sind Berlin und München. Im Großraum Berlin führt das Ungleichgewicht von Wohnungsangebot und Wohnungsnachfrage dazu, dass sich das Umland aufwärmt. So sind jetzt Nauen, Strausberg und Zossen dunkelrot. Die weiter entfernten Städte Eberswalde, Fürstenwalde und Jüterbog sind nun orange. Eine ähnliche Entwicklung ist in München zu beobachten. Die Regionen um Ingolstadt, Rosenheim und Garmisch werden heißer.
Die Besonderheit von Berlin und München ist ihr vergleichsweise dünn besiedeltes Umland, welches nicht viel Nachfrage aufnehmen kann. Interessant ist so auch der orangene Fleck in der mecklenburgischen Provinz östlich von Hamburg. Auch hier breitet sich die Metropole aus – und durch die dünnere Besiedelung ist wenig Angebot vorhanden und das Wetter damit sogar wärmer als im benachbarten Holstein.
Hinweis: Hier geht’s zur interaktiven Wohnwetterkarte und hier zur Zusammenfassung der Ergebnisse.
Ansprechpartner: Felix Embacher, Head of Research & Data Science, embacher@bulwiengesa.de, und Robin Cunningham, Volkswirt bei bulwiengesa, cunningham@bulwiengesa.de
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