Chart des Monats April: Share Deals sind die Realität


Chart des Monats
01.04.2022 Autor/en: Andreas Schulten

Share Deals sind politisch umstritten, da beim Kauf großer Immobilienbestände keine Grunderwerbsteuer anfällt. Laut unserer Off-Market-Studie für HPBA werden etwa sechs von zehn Transaktionen in Form eines Share Deals abgewickelt.

Bei einem Share Deal werden nicht die Immobilien oder Grundstücke direkt weiterveräußert, sondern Geschäftsanteile an einer Gesellschaft, die Inhaberin der Grundstücke ist. Oftmals werden diese Gesellschaften eigens zum Zwecke eines Share Deals gegründet. Die Immobilien werden also nur anteilig erworben, wodurch der Käufer keine Grunderwerbsteuer bezahlen muss. Die Kritik der Öffentlichkeit, dass zwar jeder Erwerber eines Eigenheimes Grunderwerbsteuer auf den Tisch legen muss, bei Deals großer Unternehmen jedoch dem Staat durch dieses legale Konstrukt Steuereinnahmen entgehen, ist nachvollziehbar. Andererseits sollte durch eine neue Regelung auch die immer wieder notwendige Neustruktierung von (mittelständischen) Unternehmens- und großen Familienvermögen nicht zu stark erschwert werden. Im vergangenen Jahr wurden die gesetzlichen Voraussetzungen verschärft. Insgesamt scheint der Anteil der Share Deals zurückzugehen; laut einer Antwort der Bundesregierung 2021 (siehe rbb24) lag der Anteil 2015 bundesweit bei 15 Prozent und sank sukzessive bis  auf sieben Prozent 2020.

Für die bereits vierte Off-Market-Studie im Auftrag von HPBA, einem Spezialisten für Off-Market-Transaktionen, haben wir erneut rund 100 Investoren zu ihren Strategien befragt. Off-Market-Verfahren finden unter weitgehendem Ausschluss von Öffentlichkeit und jenseits von üblichen Bieterverfahren statt. Erneut hatte auch die Share-Deal-Thematik eine hervorgehobene Position. Obwohl Share Deals nicht unmittelbar im Zusammenhang mit Off-Market-Transaktionen stehen, sollten die Ergebnisse der zweiten und dritten Off-Market-Studie von 2019 und 2021 – nämlich ein durchschnittlicher Anteil von zunächst 31 Prozent im Jahr 2018 und dann 35 Prozent im Jahr 2019 – nochmals überprüft werden. Die Entwicklung, wie sie unsere (nicht repräsentative) Befragung zeigt, steht im Gegensatz zu den oben genannten Zahlen.

Besonders relevant war diese Befragung, weil ab dem 01.07.2021 das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes in Deutschland eingeführt wurde, das die Umgehung zur Zahlung von Grunderwerbsteuer bei Share Deals erschwert. Kaufte ein Investor bis dahin weniger als 95 Prozent der Anteile an dem immobilienbesitzenden Unternehmen, war keine Grunderwerbsteuer fällig; seit 2021 liegt die Grenze bei 90 Prozent. Zugleich verlängerte sich die Haltefrist für den Verkäufer der restlichen Anteile von fünf auf zehn Jahre.

Das Chart des Monats zeigt: Der Anteil der Share Deals in den vergangenen zwölf Monaten, so geben es die Befragten an, ist mit 57 Prozent sehr hoch. Rund 42 Prozent betrug dageben der Anteil der Asset Deals, also dem direkten Kauf der Immobilien eines anderen Unternehmens. Share Deals müssen, anders als Asset Deals, nicht den Gutachterausschüssen gemeldet werden, auch ein Eintrag ins Grundbuch ist nicht notwendig. Diese Transaktionen werden lediglich von Maklern (teilweise) und Finanzbehörden registriert – daher ist es generell sehr schwierig, an verlässliche Aussagen zu gelangen.

Trotz der veränderten Gesetzgebung ist der Anteil von Share Deals in der Befragung der Akteure zuletzt nochmals deutlich gestiegen. Aus der Marktpraxis wird berichtet, dass Käufer gegen einen moderaten Preisnachlass häufig hundertprozentige Anteile an der jeweiligen Gesellschaft erwerben, um dem Verkäufer steuerliche Vorteile zu bieten. In diesen Fällen wird also die Grunderwerbsteuer gezahlt, wodurch die Gesetzgebung ihr Ziel erreicht hat und die Transaktionen lediglich entsprechend eingepreist werden.

 

Ansprechpartner: Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter bei bulwiengesa, schulten@bulwiengesa.de

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