Wer kauft geförderte Wohnungen? Bei 62 % der erworbenen Wohnungen handelt es sich um private Unternehmen, bei 37 % um kommunale Unternehmen und Genossenschaften. Die Verkäufer sind in 96 % der Fälle Akteure des privaten Sektors.

Doppelter Sinn: gefördertes Wohnen als Investment


Wohnen
04.01.2023 Autor/en: Sabine Hirtreiter

Viele Jahre haben Investoren einen großen Bogen um gefördertes Wohnen bzw. Sozialwohnungen gemacht. Doch inzwischen macht die Zinswende gefördertes Wohnen auch für sie wieder attraktiver, die Transaktionen nehmen zu. Für eine gemeinsame Studie mit INDUSTRIA haben wir gefördertes Wohnen aus Investmentsicht analysiert.

Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist eine der größten Herausforderungen für die Politik in den 2020er-Jahren. Diese Herausforderung ist aktuell noch wesentlich größer geworden, da der rasche Zinsanstieg und deutlich gestiegene Baukosten zu einem erheblichen Rückgang des Neubaus geführt haben. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum hoch, erst recht durch stark gestiegene Heiz- und Lebenshaltungskosten. Das Ziel der Bundesregierung, jährlich rund 400.000 Wohnungen neu zu bauen, sieht auch 100.000 Sozialwohnungen vor – ein Viertel. Dieses ambitionierte Ziel kann (wenn überhaupt) nicht allein mit den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften erreicht werden. Auch privates Kapital ist in großem Umfang notwendig.

Viele Investoren, die geförderte Wohnungen kaufen, sind Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke, die die Altersvorsorgegelder ihrer Kunden anlegen. Darüber hinaus sind geförderte Wohnungen auch Bestandteil von Spezial- und Wohnungsfonds wie beispielsweise bei der INDUSTRIA. In der Regel sind die Investoren langfristig orientiert und haben oft einen Investitionshorizont von Jahrzehnten.

Doch gefördertes Wohnen ist viel mehr als nur ein Investment: Es kann auch ein Beitrag sein zur Lösung eines sozialen Problems: Bezahlbarer Wohnraum ist in Deutschland Mangelware. Allein 2022 zählten 13 Millionen deutsche Haushalte – das entspricht 56 Prozent aller Mieterhaushalte – zur Zielgruppe. Ein weiteres Problem beim geförderten Wohnen ist, dass mehr Wohnungen aus der Förderung herausfallen, als neue geschaffen werden. 2021 wurden rund 21.000 neue geförderte Wohnungen geschaffen, gleichzeitig endeten jedoch für knapp 49.000 Wohnungen die Miet- und Belegungsbindungen.

Transaktionen und Pipeline

Innerhalb der letzten sechs Jahre haben die Transaktionen im Bereich gefördertes Wohnen stetig zugenommen. Insgesamt wurden zwischen 2006 und dem ersten Halbjahr 2022 358 Transaktionen mit 31.000 Einheiten Wohnungen in Neubau und Bestand gehandelt.

Insgesamt kann in den 127 deutschen RIWIS-Städten (A- bis D-Städte) eine Entwicklungspipeline von knapp 86.000 Sozialwohnungen ab Baujahr 2022 definiert werden. Berlin ist mit knapp 20.600 geförderten Wohneinheiten der absolute Spitzenreiter, gefolgt
von München mit ca. 8.200 Wohneinheiten und Hamburg mit etwa 5.300 Mietwohnungen.

Vor- und Nachteile eines Investments in geförderte Wohnungen

Investitionen in gefördertes Wohnen bieten nicht die höchsten Nettoanfangsrenditen; das Ziel ist ein kalkulierbares, langfristiges und risikoarmes Engagement. Durch die Bindungszeiten von bis zu 40 Jahren sind eine große Wertstabilität sowie ein hohes Sicherheitsniveau gegeben. Die hohe Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum bietet eine überdurchschnittliche Vermietungssicherheit bei geringem Leerstandsrisiko. Die Fluktuationsrate ist deutlich geringer als bei freifinanzierten Wohnungen. Ebenfalls ist das Risiko einer Fehlkalkulation geringer und der Cashflow ist regelmäßiger sowie prognostizierbarer. Ein Nachteil besteht in etwas höheren Instandhaltungskosten der Wohneinheiten, wenn die Qualität der Bauweise und Ausstattung einfacher ist. Unterschiede zwischen geförderten und freifinanzierten Wohnungen sind bei aktuellen Neubauprojekten kaum noch wahrnehmbar. Bei langjähriger Mietdauer ist nach Auszug das Renovierungspotenzial höher. Außerdem kann es aufgrund der teils schwierigeren Mieterstruktur zu höheren Verwaltungsaufwendungen kommen.

Motive für den Kauf geförderter Wohneinheiten

Investitionen in geförderten Wohnraum erfolgen aus verschiedenen Motiven. Auf der einen Seite stehen der gesellschaftliche Druck sowie politische Regularien. Verbindliche Quoten für sozial geförderten Wohnungsbau in Bauleitplanverfahren sind aufgezwungene Motive für ein Investment. Durch immer mehr Baulandmodelle in den Städten erhöht sich das zur Verfügung stehende Investmentvolumen im geförderten Wohnungsbau, sodass eine Portfoliobeimischung einfacher wird.

Die sukzessive Verbesserung der Förderprogramme – bei bislang allerdings arg zersplitterter Förderlandschaft – steigern den Anreiz zur Investition. Bei deutlich höheren Zinsen von aktuell 3-4 % bieten zinsvergünstigte Darlehen, meist das Hauptelement eines Förderprogramms, wieder einen Kostenvorteil. Tilgungszuschüsse, zinsvergünstigte Darlehen und andere nicht rückzahlbare Subventionen fallen deutlich mehr ins Gewicht als noch vor der Zinswende. Infolgedessen kann eine Ausschüttungsrendite von bis zu 4,0 Prozent erreicht werden. Generell sind Ausschüttungsrenditen möglich, die 30 bis 100 Basispunkte über dem frei finanzierten Wohnungsbau liegen.

In den vergangenen Jahren sind ökologische, soziale und Governance-Kriterien (ESG) zu einem bedeutenden Faktor von Investmentfonds geworden. Die Bereitstellung von gefördertem Wohnraum wird den sozialen Kriterien zugeordnet. Immobilien sollen demnach stärker den Nachhaltigkeitszielen sowie der gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen; auch Imagepflege ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt.

Ein weiteres Motiv für ein Investment in geförderten Wohnraum ist die Risikodiversifizierung sowie Cashflow-Stabilisierung eines Portfolios. Zusammenfassend sind der höhere Stellenwert von Nachhaltigkeitskriterien, defensivere Investmentstrategien und Ausschüttungsrenditen, die aufgrund der Zinswende im geförderten Wohnungsbau auch deutlich über jenen im freifinanzierten Wohnen liegen können, wichtige Motive von privaten Käufern geförderter Wohnungen.

Fazit: Ideen sind da, aber Politik muss handeln

Bei Wohnprojekten mit öffentlich geförderten Mietwohnungen ist mit einer deutlich niedrigeren Nettorendite zu rechnen als bei freifinanzierten Wohnungen. Dem Schwund an Sozialwohnungen entgegenzusteuern, kann angesichts des hohen Bedarfs an Neubauaktivitäten nur als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern, Kommunen und privaten Investoren wahrgenommen werden. Öffentliche Förderdarlehen, auch Tilgungszuschüsse und/oder ausgezahlte Einmalsubventionen bieten gerade in Hochzinsphasen eine wirkungsvolle Grundlage für attraktive Immobilieninvestments. Hierzu ist es jedoch erforderlich, die Förderlandschaft für Bauherren bzw. Ersterwerber länderübergreifend zu vereinfachen sowie den Zugang zu den Fördermitteln zu erleichtern.

Die gezielte Förderung von Bestandsobjekten, beispielsweise mit auslaufender Mietpreisbindung oder auch durch Nutzungsänderungen, kann einen wichtigen Beitrag zur Angebotsausweitung sozialer Mietwohnungen führen. Die Fördersätze sollten sich am Grundstückspreisniveau orientieren. Zudem sollte eine Nachfragekomponente eingearbeitet werden, sodass eher in nachgefragten Städten statt in strukturschwachen ländlichen Regionen gebaut wird.

Gleichzeitig bietet ein Paradigmenwechsel von der Objekt- zur Subjektförderung eine Lösung, um Wohnen für einkommensschwache Haushalte vor allem in den Großstädten wieder bezahlbar zu machen. Hierzu ist das Instrument des Wohngelds deutlich auszubauen. Nicht zuletzt ist eine konsequente Anwendung von Fehlbelegungsabgaben empfehlenswert, um die vielen fehlbelegten Wohnungen wirklich bedürftigen Mietern zur Verfügung stellen zu können.

Zusammenfassend sind aus unserer Sicht sowohl in der Objekt-, als auch in der Subjektförderung erhebliche Optimierungspotenziale vorhanden. Diese sollten bei den aktuell sehr schwierigen Investitionsbedingungen für Neubauten dringend angegangen werden, damit der derzeitige Bestand von ca. 1,1 Millionen geförderten Wohnungen nicht noch weiter abschmilzt.

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Ansprechpartnerin: Sabine Hirtreiter, Senior Consultant im Bereich Wohnen bei bulwiengesa, hirtreiter@bulwiengesa.de

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