Welche Nutzungen sind hier wahrscheinlich vorgesehen? Im Allgemeinen bevorzugen die Befragten privat finanzierte Wohnungen, Einzelhandel für den periodischen Bedarf und Büros.

Nachhaltigkeit begünstigt Transformation – eigentlich


Hintergrund
19.12.2022 Autor/en: Felix Embacher

Nicht jede Bestandsimmobilie "funktioniert" mehr. Was tun? Abreißen und neu bauen oder transformieren und wiederverwenden? Wir haben rund 200 erfahrene Akteure gefragt und gemeinsam mit Union Investment nun die zweite Marktanalyse zu Transformationsimmobilien veröffentlicht.

Der richtige Umgang sowie die Weiterentwicklung des Bestandes ist sicher eines der Trend- und Zukunftsthemen unserer Branche. Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Studie sollen helfen, die Planung und Umsetzung von Transformationsprojekten zu verbessern. Denn Transformationsimmobilien können ein gewinnbringender Lösungsansatz sein sowohl für die Erreichung der Klimaziele als auch aus Investmentperspektive sowie zur Steigerung der Aufenthaltsqualität der Städte.

Das wichtigste Ziel einer Transformation ist, so die Befragten, ein zukunftsfähiges Nutzungskonzept umzusetzen. Es folgen die Punkte Ertragssicherheit und Werterhöhung der Immobilie – der wirtschaftliche Aspekt einer Transformation ist absolut zentral. Nahezu alle halten hierfür Mixed-Use-Konzepte für hilfreich, um den Cashflow über den Lebenszyklus zu gewährleisten. Bevorzugte Nutzungen nach einer Transformation sind übrigens freifinanzierte Wohnungen und Einzelhandel des periodischen Bedarfs.

Nachhaltigkeits- versus Kostenaspekte

Transformationsimmobilien stehen aktuell im Spannungsfeld von steigenden Zinsen und hohen Baukosten, Nachhaltigkeitsanforderungen durch die EU-Taxonomie sowie hoher Inflation und hohen Energiepreisen. Am Investmentmarkt deuten geringe Transaktionsvolumina darauf hin, dass die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern oftmals nicht zusammenkommen und die Findungsphase noch anhält. Auch die Baukonjunktur ist im Herbst 2022 abrupt gestoppt worden. Daher erstaunt es wenig, dass nach Einschätzung der Befragungsteilnehmer (77 %) insbesondere die knappe Rohstoffverfügbarkeit ein starker Treiber ist, der die Transformation von Immobilien anstelle von Neubau bzw. Abriss und Neubau begünstigt. Auch nationale und EU-Nachhaltigkeits-Anforderungen sind deutliche Effekte, die nach Ansicht der Befragten die Transformation von Immobilien anstelle von Neubau bzw. Abriss und Neubau begünstigen. Ebenfalls eine Mehrheit (59 %) glaubt, dass bei der Umsetzung von Transformationsimmobilien weniger Probleme durch steigende Bau- und Energiekosten und gestörte Lieferketten entstehen als bei Neubauvorhaben.

Grundsätzlich ist die Kostensensibilität groß, was bei den deutlich erschwerten Rahmenbedingungen nachvollziehbar ist. Insgesamt ist die Bereitschaft bei den meisten Befragten zwar vorhanden, Kostenunsicherheit zu akzeptieren, allerdings nur in recht geringem Umfang. Mehr als die Hälfte der Befragten wäre wohl nicht bereit, die für eine Transformation einer Immobilie notwendige Kostenunsicherheit von rund zwanzig Prozent mitzutragen. Damit wäre zumindest in der aktuellen Marktsituation nur ein relativ kleiner Anteil der Befragten offen dafür, entsprechende Projekte angehen.

Transformation bedeutet auch Kreislaufwirtschaft

Die Immobilienbranche gilt als einer der Hauptverursacher von CO2. Um Einsparungspotenziale auch tatsächlich zu erreichen, wird die Art des Umgangs mit Bestandsimmobilien entscheidend sein, die Nachhaltigkeitsanforderungen, aber auch aktuellen Nutzeransprüchen und wirtschaftlichen Anforderungen nicht mehr genügen. Transformationsprozesse sollten also nicht nur ertragsseitig gut begründbar sein, sondern auch eine bestmögliche Erreichung von Klimaziel-Kriterien anstreben.

Für institutionelle Immobilieninvestoren relevant sind ESG-Kriterien. Investoren und ihre Anleger legen verstärkt den Fokus auf die Nachhaltigkeit ihrer Investments. Dabei ist nicht nur „grün“ wichtig, sondern auch der Nutzen für Nutzer, z.B. durch eine Verbesserung des Umfeldes und ein kluges Quartierskonzept. Die beiden Erfolgsfaktoren, die speziell auf das E in ESG einzahlen, sind möglichst geringe CO2-Emissionen im Betrieb der Transformationsimmobilie sowie das Erreichen der nationalen CO2-Vorgaben – beides ist für 85 % der Befragten sehr wichtig.

Statt Abriss und Neubau ist mehr Transformation und Wiederverwendung gefragt. Der Übergang zu einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Klimaneutralität der Immobilienwirtschaft.

Wunsch an Politik: Umsetzbarkeit verbessern

Breit gefächert sind die Wünsche an politische Institutionen, um die Umsetzbarkeit von Transformationsimmobilien zu verbessern. Ganz oben auf dem Wunschzettel stehen eine erleichterte Nutzungserlaubnis und eine Befreiung von Auflagen sowie die Erlaubnis einer höheren Flächenausnutzung. 80 % der Befragten wünschen eine klare ämterübergreifende Projektorganisation bei den Kommunen sowie die Zusammenführung von schnellen Planungsprozessen und Bürgerbeteiligung. Allein schon, um eine rasche Baugenehmigung zu erhalten, wären viele Befragten bereit, zusätzliche Maßnahmen umzusetzen. Bemerkenswert: 60 % der Befragten würden für eine schnelle Baugenehmigung auch mietreduzierte Flächen für soziale und kulturelle Flächen anbieten, und immer noch fast jeder Zweite wäre bereit, einen höheren Anteil von sozial gefördertem Wohnraum bereitzustellen.

 

Hinweis: Die Studie können Sie kostenfrei auf der Website von Union Investment anfordern und herunterladen.

Ansprechpartner: Felix Embacher, Head of Research & Data Science bei bulwiengesa, embacher@bulwiengesa.de

Das könnte Sie auch interessieren

Für unser Magazin haben wir relevante Themen, häufig auf Basis unserer Studien, Analysen und Projekte, zusammengefasst und leserfreundlich aufbereitet. So ist ein schneller Überblick über Aktuelles aus der Immobilienbranche garantiert.

bulwiengesa-Herbstprognosen

Gestern haben wir unsere Prognosen in einem gut besuchten Webinar vorgestellt – ohne Folien und alles live in unserer Datenbank RIWIS. In der Aufzeichnung können Sie erfahren, was das für die Segmente Büro, Wohnen, Logistik und Einzelhandel bedeutet
>

Fünf Prozent Rendite selbst für Core-Immobilien nicht mehr illusorisch

Die „5 % Studie – wo investieren sich noch lohnt“ feiert Zehnjähriges. Seit der Erstausgabe hat der deutsche Immobilienmarkt seinen Ruf als sicherer Anlage-Hafen ramponiert. Höhere Renditen sind nun selbst für Top-Immobilien in Sichtweite, sogar Wohnimmobilien sind zunehmend wieder eine rentierliche Anlageklasse. Der Markt ist so spannend wie lange nicht mehr
>

Ältester Stimmungsindex der Immobilienbranche wird 200

Finanzcrash 2007: erst da fiel auf, dass es für die Immobilienbranche keinen verlässlichen Frühindikator gab, um Entwicklungen in der Branche abzubilden. Seitdem misst der Deutsche Hypo Immobilienklimaindex die Stimmung der Marktteilnehmer. Oft zeigt die Rückschau, dass die Vorhersagen gut getroffen sind.
>

Interessante Publikationen

Hier finden Sie Studien und Analysen, die wir teilweise im Kundenauftrag erstellt haben oder in Eigenregie auf Basis unserer Daten und Martexpertise. Viele können Sie kostenfrei hier herunterladen und lesen.

US Multifamily Monitor 2. Halbjahr 2024

Ein Marktreport von bulwiengesa für GAR German American Realty GmbH
>

9. Marktreport der Initiative Micro-Living

Für den aktuellen Marktbericht wurden bundesweit insgesamt rd. 26.700 Wohneinheiten in 123 Apartmentprojekten ausgewertet.
>

Die 5 %-Studie 2024 – wo investieren sich noch lohnt

bulwiengesa hat zum zehnten Mal die Renditepotenziale der deutschen Immobilienmärkte analysiert.
>